Ich habe ein Zeugnis aus der „Lagerschule“, die fehlende Allgemeinbildung ersetzte mir nach der Vertreibung niemand mehr
Rudolf Lux wurde am 14. März 1939 in Lautschnei an der Neiße im Kreis Gablonz (Loučná nad Nisou, okres Jablonec) in der Familie des Fleischers und Gastwirts Rudolf Lux und Elisabeth, geborene Fleischmann aus einer Glaserfamilie, geboren. Der Vater pachtete in Lautschnei die Gastwirtschaft Modrý Dunaj in der Nähe der Umsteigehaltestelle der Straßenbahnlinien und führte auch eine kleine Fleischerei. Er leistete die Wehrpflicht in der tschechoslowakischen Armee bei der Kavallerie, entschied sich aber in der Zeit des Münchner Abkommens vor seiner Mobilisierung zu fliehen, wofür er nach dem Krieg verurteilt wurde. Im Krieg führte die Mutter das Unternehmen und der Vater kämpfte in den Reihen der Wehrmacht in der SSSR, wo er schwer verletzt wurde. Der kleine Rudolf war Zeuge der Ankunft der Roten Armee und indirekt auch des Versuchs der Vergewaltigung seiner Mutter, im Herbst dann der Verhaftung seines Vaters durch tschechische Behörden. Rundum Weihnachten 1945 musste auch der Rest der Familie die Heimat verlassen und sie hielten sich in den Lagern in Reinowitz (Rýnovice) Reichenau (Rychnov) und schließlich in Reichenberg (Liberec) auf. Nicht weniger als drei Jahre verbrachte die Familie im Lager im Regionalsammelzentrum Reichenberg. Dort besuchte Rudolf die Schule des Zentrums (Lagerschule), wo sich Erwachsene im Lager bemühten den Kindern Grundkenntnisse beizubringen. In der Schule unterrichten die internierten Bewohner auf deutsch, aber nur Lesen, Schreiben und Rechnen. Herr Lux hat bis heute Probleme mit Rechtschreibung und liest in einem beträchtlichen Umfang nur fotografisch. Eine Allgemeinbildung erlangte er in den meisten Fächern und in keine Schule mehr und machte daher eine Fleischerlehre. Die Familie Lux wurde Ende 1948 erst nach der Freilassung des Vaters nach Bayern abgeschoben. 1954 bekam der Vater die Gelegenheit zur Gründung einer Fleischerei und das Gewerbe setzte sein Sohn Rudolf fort, der vor seiner Rückkehr nach Bayern an verschiedenen Orten in Deutschland lebte, in Stuttgart heiratete und einen Sohn hat. 1961 diente er in der Bundeswehr in der Nähe des Städtchens Regen, wo er half die NATO-Grenze zur damaligen ČSSR zu bewachen. Rudolf fährt in der letzten Zeit regelmäßig nach Böhmen und fühlt sich weiter im Isergebirge (Jizerské hory) zuhause.