"Das waren richtige Viewagons und da waren oben die solche Klappen. Man hätte schon ausschauen können, aber da war eine Frau dabei mi einem kleinen Kind, das war erst ein paar Wochen alt und man hat nicht aufmachen dürfen. Das heisst, wir waren eingesperrt von nun, bis man ausgestiegen ist. Das war nicht schön. Wir hätten gerne ein bisschen ausgeschaut, aber leider. Die hat sofort geschrieen: ,Mach zu! Mach zu! Es zieht.´ Na ja, man hat es machen müssen.
Das Kind war von dem Komissar. Die hat dort den Haushalt gemacht und war auch im Bett bei ihm. Und wie das Kind dann da war, war sie weg, sie wurde mit dem ersten Transport weggeschickt und die war in unserem Wagon dabei. Das war mal so.
Sie war ihre Haushälterin, sie hat dort gekocht, und alles, das Bett gehörte natürlich dazu. Und so kam es dann, dass dann das Kind da war und dann hat man sie nicht mehr brauchen können. Sie ist halt bei dem nächsten Transport dabei gewesen und das war gerade der unsere."
"Da waren Hunderte von Leuten. Zum Essen war es ganz schlimm, da gab es nur die weissen Rüben zur Suppe, früh, mittags und abends, vierzehn Tage lang, es hat nichts anderes gegeben als die Weisse-Rüben-Suppe. Und es hat dann dort auch viele Wanzen gegeben. Meine Liebe, die hatte man nachts, sind sie von oben von Stockbetten heruntergerieselt. Da hate man früh schon überall die Huber hegabt. Das war Katastrophe, aber es waren bloss vierzehn Tage und die hat man auch überstanden.
Zwittau, das ist von uns vielleicht so dreizig Kilometer weg von Mährisch Trübau. Das waren vom Militär, von den Soldaten so Baracken und da waren wir dann untergebracht.
Wir waren da drinnen, bis wir dann abgeliefert worden sind, bis wir dann in einem Wagon Richtung Deutschland geschickt wurden."
"Da ist alles normal gelaufen, bis halt dann vom Tschechischen herauf der eine oder andere gekommen ist und hat sich das Haus angeschaut, nicht? "Das Haus gefällt mir, das nehme ich!" Und so was war bei uns auch. Wir haben Bauernhof gehabt und da kam einmal einer mit dem Komissar: "Also das Haus übernimmt er." Und wir werden ausgesiedelt und so kam es dann, dass man in ganz kurzer Zeit, in zwei oder drei Tagen, mit fünfzig Kilo vor dem Haus hat stehen müssen und das war Richtung Lager nach Zwittau. Und dann sind wir in Zwittau ins grosse Lager gekommen und der Suchomel oder wie hat er geheissen, der hat dann die Familie nachgebracht und der hat dann in unserem Haus gewohnt. Bis heute, also sein Sohn oder Enkelsohn schon wieder, nicht... Weil wir waren schon zweimal drüben und da ist der Name Suchomel bei uns auf dem Haus.
Es war der Komissar, da waren drei oder vier Leute, die haben das ganze Resort, über die ganze Ortschaft, das waren... Bei dem haben sie sich melden müssen, wer ein Haus wollte, so sind dann alle Häuser besetzt worden, nach und nach. Und er ist zu dem gekommen und hat sich der Komissar mit dem Suchomel das Haus angeschaut und er hat gesagt, jawohl, das nimmt er. Und dann gleich, dass wir jetzt weg müssen und dann haben wir nur drei oder vier Tage gehabt, bis wir dann ausgesiedelt worden sind.
Naja, das allerwichtigste (haben wir mitgenommen), das Bett hat man gehabt und dann Klamoten, was halt wichtig war, Bekleidung, was sein muss, und auch Tassen und Teller, das war schon auch dabei."
"Da haben sie von der ganzen Ortschaft die Kühe zusammengetrieben und die wollten sie nach Russland transportieren. Und da haben sie die bei der Feuerwehr eingezäumt und dann hat es geheissen in einem Tag nach Russland. Und dann kamen sie zu meinem Vater: ,Er muss mit. Die Pferde einspannen!´ Und die Russen haben dann ihre Rucksäcke und ihr Zeug auf den Wagen geschmissen und der hat mit müssen. Und wir haben natürlich Tränen vergossen, meine Mutter, meine Schwester, ich. Aber, die Russen: ,Zurück, er muss mit und er kriegt in Russland neue Mamuschka´ oder so ähnlich haben sie es gesagt. Und dann ist mein Vater so sechzig, siebzig Kilometer mit den Kühen, mit dem Transport. Und am Schluss haben sie dann übernachtet. Und die Russen haben dann gut getrunken und das hat mein Vater ausgenützt, er hat sich von der Frau Säcke geben lassen und hat die Pferde um die Füsse, um einen Huf, die Säcke gebunden mit Schnur zu und versuchte nachts um halb zwei raus. Wenn sie ihn erwischt hätten, sie haben es gleich gesagt, dann werde er erschossen, aber er hat es riskiert. Er selber wäre leichter durchgekommen, aber er wollte halt seine Pferde mitnehmen. Und dann ist er Richtung Heimat gefahren, dann hat er in den Wäldern übernachtet. Und dann, wenn er zu Hause war, sass er zwei Tage im Wald versteckt und dann haben wir wieder unseren Papa gehabt! Da waren wir überüberglücklich. Weil wir haben nie mehr gedacht, dass wir ihn noch sehen. Das war Freude hoch drei.“
"Eine Wiese haben wir ´im Tschechischen´gehabt. Und dann hat man hinübergefahren und es ist gemäht worden und das Heu dann, wenn es heimgefahren worden ist, im Wagen, dann ist natürlich dann unten schon ein bisschen eingekauft worden, was es bei uns nicht gegeben hat. Und von mir auch, Bleistift und Schulhefte und solches Zeug, und das ist dann halt im Heu ein bisschen versteckt worden. Das haben wir so über der Grenze gebracht. Aber da war ein Polizist und mein Vater hat einmal anhalten müssen und dann hat er kontrolliert, ob was drinnen ist. Es waren blosse Kleinigkeiten, es waren Hefte, ne? Da hat er nur Strafe gekriegt. Aber wenn es mehr gewesen wäre, hätte es wahrscheinlich schon auch anders ausgeschaut. Aber das war damals, da hat es da drüben schon noch was gegeben zum Einkaufen, was in Deutschland knapp war, also bei uns in Sudetenland, was halt deutsch war."
Die Vertreibung habe ich als nicht so tragisch empfunden
Franz Konrad wurde am 3. September 1934 auf einer deutschen Sprachinsel in der Gemeinde Langendorf bei Mährisch Trübau (Dlouhá Loučka u Moravské Třebové) geboren. Die Eltern besaßen einen größeren Bauernhof, auf dem Franz und seine Schwester mithalfen. Nach der Annexion des Sudetenlandes 1938 gehörte die Gemeinde zum Deutschen Reich. Durch die Grenznähe zum Protektorat lag ein Teil des Lands von Familie Konrad auf tschechischem Gebiet. Sie schmuggelten in der Zeit öfter kleinere Mangelwaren ins Sudentenland. Vom Krieg erinnert Herr Konrad vor allem den Einfall der Russen in ihr Haus und die Abführung des Vaters Richtung Russland. Dem Vater, der dank seines fortgeschrittenen Alters nicht dienen musste, gelang es den Sowjets zu entfliehen und zur Familie zurückzukehren. Franz kam im September 1945 nicht in die Schule, weil er kein Tschechisch konnte. Im Mai 1946 wurde der Hof beschlagnahmt und die ganze Familie vertrieben. Im selben Transport fuhr die Wirtschafterin des örtlichen tschechischen Kommissars – ein Partisan – mit, der sie unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes nach Deutschland schickte. Nach einer Zwischenstation im unangenehmen Lager in Zwittau ließ sich die Familie in Forchheim nieder. Die Eltern erhielten vom Staat als materiellen Ausgleich eine Bauparzelle. Franz wurde Weber, arbeitete aber die meiste Zeit in einer Fabrik für Flugzeitkugellager. Sein ganzes Leben war er in Verbänden aktiv und erzählt seinen Enkeln mit Stolz von seinen Wurzeln, aber ohne Anzeichen von Bitterkeit. Er starb am 3. Oktober 2024.
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