"Ja, meine Enkelin hat vor nicht langer Zeit gesagt: "Ihr seid schon so lange da, aber Ihr redet immer von daheim. Ich kann das nicht verstehen." Ich sag ihr immer: "Du, das war ein solcher Einschnitt in unser Leben, dass man das nicht einfach beiseite drücken kann. Ich hab das die ersten Jahre immer so empfunden: das Leben ist zweigeteilt. Der Teil, der daheim war, und der Teil hier. Mit der Zeit hat sich das verwischt, aber im Anfang war das so." Inge Ubrassek: "Ist aber auch so, dass wir den längsten Teil unseres Lebens hier verbracht haben. Und trotzdem ist Daheim so tief unten vergraben und man ist durch diese Situation so tief verletzt worden. Das trägt man bis zum Tod mit sich." Friederike Frank: "Obwohl wir wissen, dass es uns drinn viel schlechter gegangen wäre. Man hätte uns nicht in den Häusern gelassen, man hätte uns rausgeworfen, man hätte uns iregndwohin nach Tschechien geschickt, also kurz und gut, uns wäre es schlecht gegangen. Eine gute Bekannte, Weissedel hieß sie, hat uns einmal gesagt, sie musste drinn bleiben, weil sie ihre Mutter oder Tante pflegen musste. Sie hat gesagt, was hilft mir die schöne Landschaft, die schöne Gegend, wenn ich das alles hab, aber die Menschen weg sind. Es ist ein Unterschied. die Menschen gehören schließlich dazu." R. Motzke: "Sie hat bedauert, dass sie nicht mitgehen konnte?" F. Frank: "Ja, Ja." Charlotte Geier: "Sie konnte die Schule nicht fortsetzen, Deutsche konnten in der ersten Zeit überhaupt nicht zur Schule gehen." Friederike Frank: "Sie musste im Wald arbeiten, Bäume pflanzen, hat Rheuma gekriegt." Charlotte Geier: "Hat aber auch einen Realschulabschluss gehabt."
Friederike Frank, geb. Urbasse, kam 12. 3.1926 und wohnte in Freiwaldau (Jeseník), in der Kirchgasse (Kostelní) Nr. 160. Friederike hat 2 Söhne, 4 Enkel und einen Urenkel. Friederike hatte einen Bruder (geb. 1923) und eine Schwester, Inge (geb. 1933). Ihr Vater war Bürgerschuldirektor von der Knabenschule (heute Realschule) in Freiwaldau. Die Mutter war Hausfrau. Friederike hatte eine harmonische Kindheit. Die wurde jedoch durch die Kriegsereignisse unterbrochen. Nach der Mobilisierung 1938 flüchtete die Familie zu dem Onkel in Weidenau (Vidnava). Sie hatten Angst, dass ein Krieg ausbricht. Sie kamen nach dem Einmarsch der deutschen Truppen zurück. Vor dem Kriegsende 1945 flüchteten sie wieder aus Freiwaldau, diesmal nach Spornhau (Ostružná). Dort sind sie der russischen Armee begegnet, welche sich jedoch freundlich verhielt. Nach dem Kriegsende gab es wenig Essen für die Deutschen. Sie mussten in Geschäften betteln. Friederike musste seit Juli 1945 Zwangsarbeit in Olmütz ausüben. Sie hat meistens geputzt und Wäsche gewaschen. Dies dauerte ungefähr 7 Monate lang, bis Februar 1946. Ihr Vater wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP in einem Gefangenenlager interniert, misshandelt und schwer verletzt. Nach seiner Entlassung verliess die Familie mit einem Transport die Tschechoslowakei. Sie übersiedelten nach Kirchheim unter Teck in Deutschland. Der Vater durfte lange nur Hilfsarbeiten ausüben. Erst nach einigen Jahren durfte er wieder unterrichten. Friederike arbeitete als Näherin. Kurz nach der Geburt des zweiten Kindes ist ihr Ehemann an Leukämie gestorben. Mit Hilfe der Eltern hat sie alles geschafft. Sie kam mit ihrer Schwester oft nach Freiwaldau zurück. Beide behielten ein starkes Heimatsgefühl zu der Stadt.
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