Anita Donderer

* 1939

  • „Und dann kamen wir zuerst auf einen Dorf, da weiss ich noch ganz, das war furchtbar, der Transport ging auf so einem alten Lastauto auf dem Dorf waren wir dann auf einem Tanzsaal und wir hatten gar nichts, also nichts zum Essen und natürlich auch für den Kleinen keine Milch und gar nichts. Dann ging meine andere Tante, die andere Schwester meiner Mutter, und meine Mutter von Bauernhof zu Bauernhof. Und wollten Milch betteln. Und überall sind sie wieder abgewiesen worden. Ja ja, ihr habt Hitler geschrien und jetzt habt ihr das, also keine Milch. Und dann kamen sie in die Dorfmitte, da waren groβe Bauernhöfe, da haben sie sich nicht reingetraut, weil sie gedacht haben, der Hof ist so groβ, da kriegen wir bestimmt auch nichts. Das sind bestimmt reiche Bauern. Und haben sich dann...da war eine Linde in der Mitte, da haben sich dort hingestellt und geweint. Und dann kam aber von diesem groβen Bauernhof, kam die Bauerin, war so eine kleine, wirklich ganz alte Bauerin. Und die kam dann und fragte die beiden jungen Frauen, meine Mutter war ja damals so acht und zwanzig und bei Tante würde ein Paar Jahre älter gewesen sein, warum sie weinen. Und dann sagten sie eben ja sie haben Baby dabei ohne Mutter, drei Monate, und das schreit natürlich, weil keine Milch da ist. Und dann durften sie von diesem Bauernhof täglich Milch holen. Also das war natürlich ...und zufällig, wie dann der Zufall das wollte, wie dann die Familien aufgeteilt worden sind, kamen dann meine Groβeltern, wurden auch in diesen Bauernhof eingewiesen“.

  • „Und dann war natürlich die Aussiedlung. Wir waren dann im Lager, in Neudek, und dann erinnere ich mich, der Kleine lag im Kinderwagen und dann wollte mein Vater und meine Mutter wollten für die vierjährige einen Sportwagen mitnehmen. Schon in dem Gedanken, dass Mal der Kleine gröβer wird und dann in den Sportwagen gesetzt werden kann. Aber das wurde nicht erlaubt, mein Vater musste den Sportwagen wieder zurück in die Sammelstelle und ja gut, dann fuhr der Zug Richtung Wiesau“.

  • Celé nahrávky
  • 1

    Rehau, 15.09.2019

    (audio)
    délka: 49:15
    nahrávka pořízena v rámci projektu Stories of the expelled Germans born in the Karlovy Vary region
  • 2

    Rehau, 15.09.2019

    (audio)
    délka: 01:34:30
    nahrávka pořízena v rámci projektu Stories of the expelled Germans born in the Karlovy Vary region
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Ich konnte kein kleines Kind mehr sein

Porträt
Porträt
zdroj: Rehau

Anita Donderer wurde am 14. Oktober 1939 in einer deutschen Familie geboren. Sie wuchs in Neudek im Erzgebirge auf. Im Juni 1946 wurde ihre ganze Familie einschließlich der Großeltern im Rahmen der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung zwangsweise nach Deutschland deportiert. Die Eltern haben außer Anita auch ihre Cousine und ihren Cousin großgezogen, weil deren Mutter, Anitas Tante, gestorben, und deren Vater, Anitas Onkel, im Krieg war. Im Bundesland Bayern lebte die Familie zunächst bei Augsburg, in Oberbach bei Aichach. Später zogen sie nach Augsburg um. Nach dem Besuch der Kloster- und der Realschule wurde Anita bei einem renommierten Herrenmodehaus in Augsburg angestellt, wo sie vierzig Jahre lang bis zu ihrem Ruhestand gearbeitet hat. Sie hat in Bayern geheiratet. Neudek hat sie zum ersten Mal erst 1986 besucht. In den 90er Jahren begann sie, sich intensiv in den sudetendeutschen Angelegenheiten zu engagieren und sie wurde zur Initiatorin zahlreicher tschechisch-deutscher Begegnungen über die Städtepartnerschaft von Neudek und Augsburg hinaus. Sie beteiligte sich an der Renovierung des Neudeker Kreuzwegs, an der Organisation der Fußballwohltätigkeitsspiele der Versöhnung und an vielen weiteren ehrenamtlichen Aktivitäten.